Digitales Arbeiten im KI-Zeitalter: Weniger KI-Hype, mehr echte Arbeit

Digitales Arbeiten im KI-Zeitalter: Weniger KI-Hype, mehr echte Arbeit
Warum ich meinen Tag in Input- und Output-Phasen teile und seitdem mein digitales Arbeiten produktiver ist

Um 8:07 öffne ich meinen Laptop.
Schon um 8:08 ploppt die erste Mail auf: „Neues KI-Tool spart dir 20 Stunden pro Woche.“
Dann um 8:09: „Dieser Workflow macht dein Business skalierbar.“
8:11: Die nächste Prompt-Sammlung für ChatGPT.
8:14: Ein Reel: „Wenn du DAS noch nicht nutzt, bist du bald raus.“

Nach nicht einmal einer Viertelstunde bin ich schon mitten drin im Strudel. Ich habe noch nichts Eigenes geschaffen, aber das Gefühl, ich müsste schon wieder aufholen. Noch ein Newsletter, noch ein Tool, noch ein „Must-have-Workflow“, sonst bin ich raus aus dem KI Spiel.

Ich mag KI. Ich nutze sie täglich. ChatGPT ist für mich ein fester Bestandteil meines digitalen Arbeitens. Ich schreibe damit Texte, lasse mir Strukturen vorschlagen, Ideen sortieren, Argumentationsketten schärfen. KI ist nicht mein Gegner, sie ist mein Werkzeug. Und trotzdem hat sie mich an einen Punkt gebracht, an dem ich gemerkt habe:

Ich stehe permanent unter Strom, aber ich komme zu wenig ins Tun.

Genau hier beginnt für mich die Frage, was digitales Arbeiten im KI-Zeitalter wirklich bedeutet. Nicht nur Tools zu haben, sondern anders zu denken und anders zu planen.

KI nimmt uns die Ausreden und zeigt uns unsere Muster

Mit KI sind wir an einem Punkt angekommen, an dem viele unserer alten Ausreden nicht mehr funktionieren.

Eigene App? Eigene Website? Ein kleiner Prototyp für eine Idee?
Früher war das ein riesiges Projekt mit Recherche, Programmierer suchen, Budgets klären, technische Hürden nehmen. Heute kann ich mir in einem halben oder ganzen Tag, oder ehrlicher gesagt in einem guten Prompt, einen ersten Prototypen bauen lassen.

Mein Wissen über Programmierung hilft mir zwar, die Logik zu verstehen und Dinge sauberer zu prompten. Aber zwingend notwendig ist es für einen ersten Prototyp nicht mehr. KI überbrückt ganze Wissenslücken. Sie ermöglicht steile Lernkurven. Sie macht aus „irgendwann mal“ sehr schnell „ich probiere das jetzt einfach aus“.

Das ist die gute Nachricht.

Die weniger bequeme: Ich habe keine Ausrede mehr, es nicht zu tun.

Wenn ich ehrlich bin, liegt es heute selten an fehlenden Tools oder Fähigkeiten, wenn ich ein Projekt nicht angehe. Es liegt an Strukturen, an Fokus, an meiner Art zu arbeiten. Jede Besprechung bremst mich, jede unnötige Abstimmung, jedes „Können wir das kurz telefonieren?“ verlangsamt meinen Prozess. Besprechungen sind nicht per se schlecht, aber sie müssen es wert sein.

Digitales Arbeiten im KI-Zeitalter heißt für mich deshalb auch, meine Muster zu erkennen und zu ändern.

Wir leben digital, funktionieren aber noch analog

Wir leben in einer Welt, in der für jeden jederzeit alles möglich ist. Theoretisch zumindest. Ich kann mir nachts um zwei ein Tutorial anschauen, mir am Sonntagvormittag eine neue App generieren lassen, am Feiertag eine Landingpage bauen. KI macht Dinge erreichbar, für die ich früher Spezialisten, Zeit und sehr viel Geld gebraucht hätte. Digitales Arbeiten ist technisch längst da.

Gleichzeitig ist unser Kopf immer noch ziemlich analog unterwegs. Ich würde von mir behaupten, dass ich multitaskingfähig bin. Es gibt Phasen, da jongliere ich drei Projekte parallel, wechsle von Chat zu Mail, von Text zu Konzept, von Call zu Prompt und bekomme das erstaunlich gut hin. Nur kommt die Rechnung dann oft am nächsten Tag.

Dann merke ich, wie müde ich eigentlich bin. Wie schwer es mir fällt, mich zu fokussieren. Wie schnell ich mich ablenken lasse. Multitasking fühlt sich im Moment leistungsfähig an, aber es hinterlässt Spuren der Erschöpfung. Mein Kopf ist wie ein Browser mit zu vielen Tabs: alles offen, alles halb im Blick, aber nichts wirklich im Fokus.

Unsere Arbeitswelt ist längst digital, unsere Aufmerksamkeit aber nicht. Und genau da beginnt das Problem, wenn wir über digitales Arbeiten im KI-Zeitalter sprechen.

Vom Dauer-Input zur bewussten Steuerung: Phasen statt Chaos

Früher habe ich versucht, den Tag irgendwie „durchzubekommen“. Ein bisschen lesen, ein bisschen testen, ein bisschen schreiben, ein paar Anrufe, zwischendrin Social Media, mal eben schnell ein neues Tool ausprobieren. Alles kreuz und quer. Von außen sah das nach viel Beschäftigung aus. Am Ende des Tages war aber oft erschreckend wenig wirklich fertig.

Irgendwann habe ich gemerkt:
Nicht die KI stresst mich, sondern die Art, wie ich mit ihr und mit all den digitalen Möglichkeiten umgehe.

Das war der Moment, in dem ich angefangen habe, meinen Tag anders zu denken. Nicht mehr nur in „heute mache ich dieses oder jenes“, sondern in Input-Phasen und Output-Phasen. Nicht als ganz starres System, sondern als flexible Struktur innerhalb eines Arbeitstages. Halbe Tage, Blöcke, Zonen, wie auch immer man es nennen will. Wichtig ist nur eines: Es gibt deutlich mehr Output-Phasen als Input-Phasen.

In den Input-Phasen erlaube ich mir bewusst, aufzunehmen: Newsletter, neue Tools, Tutorials, Inspiration. Ich spiele mit ChatGPT, teste neue Workflows, schaue mir an, was die KI-Welt gerade wieder Spannendes ausspuckt. Aber ich weiß: Das ist jetzt Input, das ist Füttern. Ich erwarte von mir in dieser Zeit keinen großen Output.

In den Output-Phasen dagegen gilt eine andere Logik. Dann geht es ums Machen. Ich nutze ChatGPT nur als Werkzeug für meine eigenen Projekte: Texte schreiben, Konzepte strukturieren, Mails formulieren, Angebote ausarbeiten. Kein „mal eben schnell“ TikTok, kein Tool-Hopping, keine neue Prompt-Sammlung. Ich arbeite an dem, was bereits auf dem Tisch liegt, nicht an dem, was vielleicht irgendwann mal spannend wäre.

Entscheidend ist das Verhältnis:
Input ist wichtig, aber Output ist der Punkt.
Wenn ich mehr Phasen habe, in denen ich konsumiere, als solche, in denen ich produziere, rutscht meine Arbeit in eine Schieflage. Und genau das will ich vermeiden, wenn ich bewusst digital arbeiten will.

Multitasking ja, aber bewusst dosiert

Ich habe irgendwann akzeptiert: Ja, ich kann phasenweise mehrere Dinge gleichzeitig jonglieren. Ich kann zwischen Projekten springen, nebenbei Nachrichten beantworten, während ChatGPT schon den nächsten Textentwurf generiert. Und es gibt Momente, da ist das sogar nützlich. Aber es macht nur Sinn, wenn ich diese Hochleistungs-Multitasking-Zeiten als das betrachte, was sie sind: Ausnahmezustände, keine Dauerlösung.

Denn jeder Kontextwechsel kostet. Jede neue Information reißt mich ein Stück weit aus der Spur. Wenn ich das ständig mache, wird aus meinem Arbeitstag eine Abfolge von angefangenen Gedanken, angefangenen Chats, angefangenen Dokumenten. Am Ende bin ich erschöpft, ohne dieses klare Gefühl: „Heute ist etwas richtig Gutes entstanden.“

Deshalb habe ich angefangen, Multitasking zu begrenzen. Nicht im Sinne von „Ich darf es nie tun“, sondern im Sinne von: Ich entscheide, wann und wie lange. In Output-Phasen versuche ich, so wenig wie möglich zu springen. Und wenn ich merke, dass drei Projekte gleichzeitig laufen, plane ich bewusst eine ruhigere Phase hinterher ein. Unser Kopf ist kein unendlicher Akku, nur weil unsere Tools rund um die Uhr laufen.

Digitales Arbeiten heißt für mich auch, meinen Energiehaushalt ernst zu nehmen und nicht zu so tun, als wäre ich so grenzenlos wie meine Software.

Warum Telefonate meine Produktivität bremsen und was ich geändert habe

Ein Baustein meiner neuen Arbeitsweise hat auf dem Papier wenig mit KI zu tun, zahlt aber direkt auf meine Output-Phasen und mein digitales Arbeiten ein: Ich nehme keine spontanen Telefonate mehr an.

Zu viele Spam-Anrufe. Viel zu viele „Haben Sie mal kurz Zeit?“. Zu viele „Ich wollte nur mal eben …“. Das Problem an Telefonaten ist nicht nur die Dauer, sondern der harte Bruch im Kopf. Ein klingelndes Telefon reißt mich mitten aus einer Output-Phase. Die Folge ist selten nur ein fünfminütiges Gespräch. Die eigentliche Zeit, die ich verliere, ist die Zeit, die ich brauche, um wieder in meinen Denkprozess hineinzufinden.

Heute gilt deshalb: Wer mit mir telefonieren will, macht einen Termin. Wir vereinbaren einen Slot, ich bereite mich vor, ich weiß, worum es geht, und danach kann ich den Call bewusst abschließen. Keine dauerhaften Störungen mehr, keine zufälligen Gesprächsinseln mitten in konzentrierten Arbeitsphasen.

Das klingt radikal, ist aber nichts anderes als ein Schutz meiner Output-Zonen. Wenn ich analog, also mündlich, spreche, dann sehr bewusst. Der Rest läuft schriftlich und asynchron. So passt auch meine Kommunikation besser zu dem, was digitales Arbeiten im KI-Zeitalter eigentlich ermöglichen kann.

Asynchrone, schriftliche Arbeit: das eigentliche Produktivitäts-Upgrade

Die digitale Welt hat einen riesigen Vorteil, den wir immer noch viel zu wenig nutzen: Asynchronität. Wir können miteinander arbeiten, ohne gleichzeitig online, erreichbar oder im selben Gespräch zu sein. Genau hier liegt für mich ein Kern von digitalem Arbeiten.

Wenn ich Dinge schriftlich kläre, statt sie in einem Telefonat oder Meeting zu besprechen, passiert etwas Spannendes: Ich spare mir einen großen Teil des klassischen Briefings. Ich kann direkt ins Arbeiten springen. Eine schriftliche Aufgabe ist gleichzeitig Dokumentation und Auftrag. Ich muss nicht hinterher noch mitschreiben, was besprochen wurde, es ist schon da.

Ich bin überzeugt:
Wenn wir asynchron und schriftlich zusammenarbeiten, können wir oft das Doppelte schaffen im Vergleich dazu, wenn alles mündlich durchgesprochen wird und ich es anschließend erst in Ruhe umsetzen muss. Natürlich klappt das nur, wenn das Gegenüber diese Art zu arbeiten mitgeht. Und genau da liegt häufig noch der Hase im Pfeffer. Menschen sind in ihrem Kopf noch stark auf das alte Modell geprägt: reden, arbeiten, reden, arbeiten, reden, arbeiten, bis irgendwann ein Produkt entsteht.

Früher war das normal. Ein Task nach dem anderen, immer im Wechsel mit Besprechungen. Heute dagegen können wir Dinge viel schneller in Schleifen bearbeiten: Produkt hin, Antwort her, Überarbeitung hin, Rückmeldung her. Kleine Baustellen werden so nicht nur schneller, sondern oft auch gründlicher gelöst. Und, das darf man nicht unterschätzen, vieles geht schriftlich gar nicht erst im Rauschen verloren, wie es in Meetings gerne passiert.

Meetings neu denken, selten, bewusst, ergänzt durch KI

Ich bin nicht gegen Meetings. Im Gegenteil, sich persönlich oder per Zoom zu treffen, kann enorm wertvoll sein. Aber ich unterscheide heute sehr viel schärfer zwischen „Wir müssen reden“ und „Wir glauben, wir müssten reden“.

Der größte Teil meiner Abstimmung läuft heute schriftlich: per Mail, Nachricht, Kommentarfunktion in Dokumenten. Ich schicke eine Version, bekomme Feedback, arbeite ein, schicke wieder etwas. Der Austausch wird dadurch nicht oberflächlicher, sondern oft klarer. Und all das Material ist bereits dokumentiert, was digitales Arbeiten deutlich erleichtert.

Wenn es doch Meetings gibt, ob persönlich oder digital, dann möglichst selten und bewusst. Einmal im Monat, einmal in der Woche, je nach Projekt. Und selbst da kann KI wieder helfen: Alles, was ich im Meeting nicht mitbekomme, kann eine KI transkribieren, zusammenfassen, strukturieren. In wenigen Minuten habe ich eine Übersicht, statt zwei Stunden Aufzeichnung nachzuhören.

So entsteht eine hybride Arbeitsweise: menschliche Begegnung, wo sie wirklich nötig ist, und ansonsten schriftliche, asynchrone, gut dokumentierte Zusammenarbeit. Genau das passt zu einer digitalen Welt und entlastet unser analog funktionierendes Gehirn.

Digitales Arbeiten verinnerlichen statt nur digitale Tools zu nutzen

Am Ende geht es nicht darum, KI zu nutzen, weil das gerade alle tun. Es geht darum, digital zu arbeiten, also unsere Arbeitsweise wirklich an das anzupassen, was heute möglich ist. Digitales Arbeiten im KI-Zeitalter ist eine Frage von Haltung und Struktur, nicht nur von Software.

ChatGPT ist für mich 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche erreichbar. Es wird nicht müde, es vergisst nichts, es ist in Sekunden verfügbar. Welcher menschliche Mitarbeitende könnte das leisten? Niemand, und das ist auch gar nicht nötig. Aber Menschen können ihre Arbeit so strukturieren, dass sie in dieses digitale System passen. Zum Beispiel, indem sie Ergebnisse, Aufgaben, Briefings und Feedback digital und schriftlich zur Verfügung stellen.

Früher hat dieses Missverständnis der digitalen Erreichbarkeit dazu geführt, dass Menschen dachten, sie müssten immer und überall auf Mails reagieren, sobald es bing macht. Das war nie die Idee. Heute drehe ich das Prinzip um: Nicht ich bin ständig verfügbar, sondern meine digitalen Ergebnisse sind es. Und meine Zeit plane ich in Input- und Output-Phasen, die mir erlauben, konzentriert, kreativ, schnell und selbstbestimmt zu arbeiten.

Fazit: Mehr Output als Input und KI als Partner, nicht als Taktgeber

Wir stehen an einem spannenden Punkt. KI macht Dinge möglich, die vor wenigen Jahren noch wie Zukunftsmusik klangen. Gleichzeitig zwingt sie uns, unseren Umgang mit Arbeit zu überdenken. Es reicht nicht, digitale Tools zu haben. Wir müssen auch digitale Arbeitsweisen verinnerlichen und lernen, wirklich digital zu arbeiten.

Für mich bedeutet das konkret:

  • Ich teile meinen Tag in Input- und Output-Phasen.
  • Es gibt bewusst weniger Input- als Output-Phasen.
  • Telefonate gibt es nur noch mit Termin, um meinen Fokus zu schützen.
  • Ich arbeite so viel wie möglich asynchron und schriftlich.
  • Ich nutze KI, um schneller vom Briefing ins Machen zu kommen.

ChatGPT ist für mich ein mächtiger Partner, aber nicht mein Chef. Die eigentliche Kunst liegt darin, nicht alles auszuschöpfen, was theoretisch möglich ist, sondern bewusst zu entscheiden, was mir wirklich hilft.

Vielleicht ist das die neue, stille Rebellion im KI-Zeitalter:
nicht noch ein Tool, noch eine App, noch ein Workflow,
sondern ein klarer Satz im Kopf:

Ich will mehr Output als Input.

Und dann den Tag so zu strukturieren, dass genau das passieren kann.